Kein Erfolg ohne Disziplin!

p395289 NEUNsight September 2019

Das Märchen vom „Bällebad“: Warum Spaß an der Arbeit nichts mit Tischkicker&Co. zu tun hat – und wir nur mit Disziplin wirklich erfolgreich sind.

Vergangene Woche meldete sich der Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens aus meiner Region bei mir: Ob er kurzfristig einen Coaching-Termin buchen könne? Ich war gerade auf dem Sprung ins Wochenende, aber seine Stimme klang flehentlich und so konnte ich nicht „Nein“ sagen. Wenn er es schaffen könnte, in einer halben Stunde bei mir im Büro zu sein, würde ich auf ihn warten, bot ich an. Er konnte. 25 Minuten später saß er vor mir.

Er – nennen wir ihn an dieser Stelle einfach „Herrn T.“ – hatte vor ein paar Monaten an einem Seminar in Berlin teilgenommen, in dem es um die richtige Führung von Mitarbeitern aus der Generation Y ging. Zwei Tage lang referierte ein junger Dozent, die Teilnehmer hörten gespannt zu. Was Herr T. mitnahm? „Ich gewann den Eindruck, dass es den jungen Leuten vor allem um eines geht: Sie wollen Spaß bei der Arbeit.“

Also begann Herr T. seine Firma umzurüsten. Er bestellte einen Tischkicker, ließ in einem ungenutzten Raum eine Schlafkoje zum Powernapping aufstellen und verkündete, dass man sich ab sofort jeden Freitagabend auf Kosten des Chefs eine Runde Feierabend-Bier genehmigen dürfe. Bevor er auch noch auf den Bestellbutton für ein Bällebad (ich spaße nicht!)  klicken konnte, wurde er glücklicherweise wieder Herr seiner Sinne – und bemerkte, dass er offenbar einem Missverständnis aufgesessen war, denn seine Mitarbeiter (auch die jungen, die er ja vor allem ansprechen wollte) reagierten nicht wie gewünscht. Seine Hoffnung, durch die Neuerungen sein Team zu motivieren, die Kreativität der Mitarbeiter zu stärken und so mehr Innovation zu schaffen, erfüllte sich nicht. Ich wollte es Herrn T. eigentlich ersparen, aber der Satz kam mir über die Lippen, ehe ich noch weiter darüber nachdenken konnte: „Das hätte ich Ihnen gleich sagen können.

T. sah mich unglücklich an und forderte mich durch ein Nicken zum Weitersprechen auf: Der Kollege aus Berlin hat natürlich recht, die Arbeitnehmer der Generation Y wollen Spaß an der Arbeit. Aber damit meinte er nicht Bespaßung in der Art eines Kirmes-Besuchs, sondern Spaß im Sinne eines Wir-Gefühls und Sinnhaftigkeit. Und wer glaubt, dass so ein Gefühl durch das Aufstellen einer Rutsche und einer Schaukel im Meeting-Raum entsteht (ja, auch so etwas gibt es!), der liegt daneben – sehr weit daneben.

Es entsteht dadurch, dass man seinen Mitarbeitern die Möglichkeit gibt, sich selbstwirksam in eine Organisation einzubringen, dadurch, dass sie merken Teil einer Gemeinschaft zu sein, in der man wertvoll ist und wertgeschätzt wird und in der man sich persönlich entfalten kann.

Wie kann das gelingen?

Indem man ein Umfeld schafft, in dem es Regeln und Werte gibt. Spaß am Arbeitsplatz bedeutet nämlich nicht, wie häufig fälschlicherweise angenommenen wird, eine Art Laisser-Faire-Herangehensweise zu leben, in der jeder tun und lassen kann, was er möchte.

Man braucht Regeln und Werte als Leitplanken, die den Mitarbeitern helfen sich zu orientieren und ihnen gleichzeitig ausreichend Freiraum lassen, um sich auszuleben und zu verwirklichen. Diese Regeln und Werte sind es, die einer Arbeit Sinn stiften, weil ich als Mitarbeiter weiß, dass ich einer größeren Sache diene und dieser Sache auch gerecht werden will: Wir sind ein Team und arbeiten auf ein gemeinsames Ziel und auf dessen Verwirklichung hin.

Disziplin führt zum Erfolg

Um all das zu verwirklichen, braucht es Disziplin. Disziplin – ich weiß, dass viele bei diesem Wort zusammenzucken, weil sie an strenge Lehrer aus Jugendtagen oder das herzlose Fräulein Rottenmeier aus den Heidi-Büchern denken und sie damit etwas Negatives verbinden. Doch bei genauerer Betrachtung ist Disziplin das, was uns vorwärts bringt. Wie immer liegt der Grund in unserem Gehirn: Wir erkennen eine Aufgabe, die gelöst werden soll. Doch damit alleine ist es nicht getan. Denn um diese sogenannte Objekterkennung in eine Aktion umzusetzen, um daraus ein tatsächlich gelebtes Verhalten zu machen, braucht es Konsequenz – und Disziplin. Ist dies einmal gelungen, speichert unser Gehirn diesen Erfolg ab – und verlangt nach mehr Disziplin, denn es merkt, wie toll und motivierend es sein kann, tatsächlich etwas umzusetzen, das man sich vorgenommen hat.

Kurz gesagt: Disziplin ist ein Energiespeicher, der uns – wenn er richtig eingesetzt wird – richtig viel Kraft gibt.

3 Tipps, wie Sie mit Disziplin im (Arbeits-) Alltag vorankommen

1. Blicken Sie gelassen auf die Situation, beleuchten Sie sie gründlich und überlegen Sie: Welche (kleinen) Schritte will ich jetzt umsetzen? Schreiben Sie diese in Form einer Liste auf, so dass Sie sie abhaken können. Listen sind old school, aber für unser Gehirn (das ja auch immer noch old school ist) sind sie eine sehr positive Stütze, um zu sehen, was man schon geleistet hat. Etwas durchstreichen zu können motiviert unheimlich und ruft geradezu: „Packen wir es an“.

2. Vermeiden Sie hektischen Aktionismus, denn der führt nur zu geistiger Windstille: Klare Strukturen helfen dabei, sein Ziel zu erreichen. Formulieren Sie ganz klar, was Sie erreichen wollen und vermeiden Sie es, von einer Idee zur anderen zu hüpfen und nie ein Thema zu vollenden.

3. Hören Sie auf zu grübeln: Sie neigen dazu, sich selbst ständig zur Rechenschaft zu ziehen und für alles Verantwortung zu übernehmen? Lernen Sie „Nein“ zu sagen und über vermeintliche Fehler nachzudenken. Schauen Sie diszipliniert nach vorne. Der Blick zurück hemmt nur. Was vergangen ist, ist vergangen. Punkt.

Mehr dazu auch im Podcast Verhalten Gestalten.

Autor: Winfried Neun

Bild: Pixabay (CCO)