Zocker oder Angsthase – was bestimmt unser Anlageverhalten?

p395289 NEUNsight Februar 2020

Was bestimmt unser Handeln an der Börse? Rationale Entscheidungen? Mitnichten, denn psychologische und kulturelle Faktoren dominieren unsere Bereitschaft Risiken einzugehen.

Zunächst ein Blick zurück: Professor Thorsten Hens vom Swiss Finance Institute an der Universität Zürich wollte herausfinden, inwiefern das Herkunftsland einen Einfluss auf das Anlageverhalten eines Menschen hat. In einer weltweiten Untersuchung wurde die Geduld und die Risikoaversion von Anlegern erforscht mit zum Teil erstaunlichen Ergebnissen. Ende 2014 fassten Professor Hens und sein Team die Ergebnisse im White Paper „Behavioral Finance: The Psychology of Investing“ zusammen.

Und er kam zu dem überraschenden Ergebnis, dass die Kultur einen starken Einfluss auf das Anlageverhalten von Personen hat. Dabei wurden Kontrollvariablen wie die Inflationsrate und das angesammelte Vermögen des Individuums durchaus beachtet. Die Studie wurde in 53 Ländern durchgeführt. Standardfragebögen mit 30 sozioökonomischen Fragen wurden an knapp 7000 Studenten aus dem Bereich VWL verteilt.

Gravierende Unterscheide

Dabei haben sich in der Tat Unterschiede zwischen den einzelnen Kulturen ergeben. So zeigte sich, dass sich in den USA besonders viele so genannte „Ego-Trader“ befinden. Hier steht der schnelle Gewinn im Vordergrund. Daher ist in den USA und anderen angelsächsischen Ländern mit einem hohen Grad an Individualismus das Marktmomentum besonders hoch. Hier gibt es eine weit geringere Aversion gegenüber Risikoanlagen. Das zeigt sich auch an den niedrigen Risikoprämien in diesen Ländern und daran, dass angelsächsische Anleger eher bereit sind, mehr für Aktien zu zahlen. Anders sieht es da in Osteuropäischen Ländern aus. Hier besitzen die Anleger eine hohe Risikoaversion und sind eher bereit, wenig für Aktien auszugeben. Gleichzeitig sind sie auch wesentlich ungeduldiger.

Deutsche zocken nicht, Asiaten haben keine Geduld

Zwar geduldiger, aber auch wenig risikofreundlich sind die Menschen aus den nordischen Ländern, inklusive Deutschland. Hier gibt es mehr Value-Investoren, denen es beim Anlegen zunächst um hohe Renditen denn als kurzfristige Gewinne geht. Das Urteil der Forscher: Deutsche zocken nicht und nehmen nur sehr ungern Verluste in Kauf. Die Asiaten stellen davon fast das komplette Gegenteil dar: Sie zocken gerne, selbst wenn die Wahrscheinlichkeit noch so gering ist und sie besitzen wenig Geduld.

Allerdings konnten Thorsten Hens und sein Team nicht sicher feststellen, dass sich der tatsächliche Reichtum eines Landes auf die Geduld seiner Anleger auswirkte. Flächendeckend in allen osteuropäischen Ländern und auch in Afrika waren die Menschen sehr ungeduldig, ungeachtet des Reichtums einzelner Länder. Ähnlich verhält es sich mit den Amerikanern, die zwar äußerst wohlhabend sind und in einer geordneten Gesellschaft leben, aber ebenfalls über nur geringe Reserven an Geduld verfügen.

Booklet: Typisierung von Anlegern

Während ein bloßes Sparen durch den Niedrigzins nicht mehr lukrativ ist, bietet die Börse für clevere Anleger vielfältige Möglichkeiten. Doch welche Investition passt zu mir? Der Verhaltensökonom Winfried Neun hat etliche Jahre darauf verwandt herauszufinden, wie Anleger ihrer Persönlichkeit treu bleiben können – und mit dem Treffen der passenden Entscheidungen Erfolg haben. „Wer seinen speziellen Anlagetyp kennt und diesen auch situationsspezifisch beeinflussen bzw. verändern kann, ist in der Lage, langfristig hohe Renditen mit Aktien einzufahren“, ist er überzeugt. Sein Booklet „Börsenpsychologie-Anlegertypologie“ bringt in hochkomprimierter Form die wichtigsten Ergebnisse seiner eigenen Studie auf den Punkt.

Garniert mit konkreten Handlungsempfehlungen vermittelt der Börsenkenner eine faszinierende Landkarte, wie eine Analyse der vorherrschenden Grundstimmung der Börsianer sowie der Persönlichkeitstypen-Konstellation zu einem tragfähigen Fundament für zuverlässige Prognosen wird. „Das Internet mit seinen vielfältigen Ausprägungen bietet hier bisher weitgehend ungeahnte Möglichkeiten“, erklärt Neun in dem Booklet, worauf es beim soliden Anlegen ankommt. Erschienen in der Reihe X-Press Wissen, beschränkt es sich auf die wirklich wirksamen Tipps und Kniffe, etwa eine Stärken- und Schwächen-Analyse, um als Anleger das eigene Verhalten den Markterfordernissen entsprechend zu regulieren.

Autoren: Michael Storks / Hannelore Brecht

Bild: Pixabay (CCO)

Im Überblick

Die Basis des Booklets von Winfried Neun bildet eine bundesweit angelegte Untersuchung der K.O.M.® GmbH mit Personen, die an der Börse aktiv sind. Das Ziel dieser Untersuchung war die Bestimmung von Anlegertypen und Reaktionsmechanismen, um daraus entsprechende Handlungsempfehlungen ableiten zu können. Die dabei entstandene Anlegertypologie und das Verhalten, welches hinter unseren Börsenentscheidungen liegt, wird im diesem Booklet anschaulich und mit Tipps und Empfehlungen zur Verhaltensbeeinflussung erläutert.