„Nachhaltige und schnelle Veränderung oder unausweichliche Insolvenz“

p395289 NEUNsight September 2020

Auf diesen provokanten Nenner bringt Winfried Neun die notwendigen Veränderungen, vor denen deutsche Unternehmen derzeit angesichts der Corona-Krise stehen. Sein neues Buch gibt praktische Tipps zur Überwindung der Krise und zur nachhaltigen Neupositionierung nicht nur des deutschen Mittelstands.

Herr Neun, die Thematik Ihres neuen Buches könnte angesichts der pandemiebedingten Wirtschaftskrise kaum aktueller sein. Absicht oder glücklicher Zufall?

Winfried Neun:

Nichts von beiden ist richtig. Die jetzige Krise wäre zeitverzögert und sicher weniger dramatisch in ihren Auswirkungen ohnehin eingetreten. In den mehr als zehn Jahren nach der Finanzkrise wurde es angesichts voller Auftragsbücher vor allem im Mittelstand versäumt, Mechanismen zu entwickeln, die Rezessionen abfedern, Unternehmen Schutz vor Krisen bieten und Veränderungen nachhaltig und erfolgreich umsetzen.

Was raten Sie in Ihrem Buch Unternehmen, die in die schlimmste Krise seit dem Ende des 2.Weltkriegs geraten sind?

Winfried Neun:

Auf die derzeitige Krise konnte sich kein Unternehmen vorbereiten. So gravierend die Krise ist, so bietet die Krise doch auch Chancen. Unternehmen sind nun gezwungen, neue Wege zu gehen.  Jetzt müssen Firmen ihr Innovationspotenzial gänzlich auszuschöpfen, neue Strukturen etablieren und althergebrachte Produktions- und Vertriebskanäle kritisch hinterfragen. Mein Rat lautet also: Lassen Sie keinen Stein auf dem anderen und stellen alles auf den Prüfstand. Fragen Sie sich ehrlich, ob ihr Geschäftsmodell so noch zukunftsfähig ist oder gänzlich auch in Anbetracht der Digitalisierung verändert werden muss.

Und was steht daneben noch auf dem Prüfstand?

Winfried Neun:

Unsere selbstverschuldete Abhängigkeit von internationalen Lieferketten in vielen Bereichen muss nun schnellstmöglich beendet werden und einer krisenresistenteren Verteilung von Zuliefereren, die geographisch alle Erdteile berücksichtigt, weichen. Für mich steht fest, dass der rasante wirtschaftliche Aufstieg Chinas zu einer Weltwirtschaftsmacht teuer erkauft wurde. Die Umwelt im bevölkerungsreichsten Staat der Erde ist dem ungezügelten Wachstum geopfert worden und die Welt hat zugesehen, weil China die globale Werkbank dank niedriger Löhne und dem kompletten Verzicht auf umweltschonende Produktion geworden ist. Dass das Corona-Virus sowie sein indirekter Vorgänger, das SARS-Virus, ihren Ursprung und Ausbruch in China genommen haben, ist vielleicht nur ein Zufall – vielleicht aber auch nicht!

Dies führt doch zwangsläufig zu einer grundlegenden Veränderung der Weltwirtschaft?

Winfried Neun:

Die Krise und deren noch nicht sichtbare und absehbare Folgen bieten die einmalige Gelegenheit, bisher als unumstößlich geltende Wirtschaftsregeln zu hinterfragen. Ist die globale Marktwirtschaftordnung mit ihrer Profitmaximierung noch geeignet, die zukünftigen Herausforderungen beispielsweise in Umweltfragen wie dem Klimaschutz und sozialen Herausforderungen wie der Flüchtlingspolitik zu meistern?

Winfried Neun, Digitale Transformation und Agilität in der Praxis –

Veränderungsbereitschaft in Unternehmen fördern durch Background-Personality-Management.

Springer-Verlag GmbH,  April 2020, 110 Seiten, 30 schwarz-weiße Abbildungen, 34,99 Euro,

ISBN: 3658196238, EAN: 9783658196233

Interview: Michael Storks

Bilder: Pixabay (CCO), Springer Verlag, K.O.M. GmbH