Emotionen und Social Media: Macht Instagram traurig?

p395289 NEUNsight März 2020

Die Hamburger Praxistage an der SRH Fernhochschule bieten Studierenden die Gelegenheit, zuvor Erlerntes zu präsentieren und somit für alle Teilnehmer neue Blickwinkel zu eröffnen. Die NEUNsight hat zwei Studentinnen dazu interviewt.

NEUNsight:

Was zeichnet die Praxistage Allgemeine Psychologie an der SRH besonders aus?

Saranda Nura-Terziu:

Die Praxistage in Hamburg ermöglichen es den Studierenden, einen näheren Bezug zum erarbeiteten Thema herzustellen. Es ist auch eine sehr gute Abwechslung zu den schriftlichen Prüfungen, für die man bis zu einigen Wochen lernen muss. Man muss nicht immer alles auswendig lernen, sondern man zeigt, wie das Erlernte in Form von Präsentationen vorgestellt werden kann. Für meine Schwester, Besarta Nura und für mich waren es sehr lehrreiche Tage.

NEUNsight:

Wie lief die Vorbereitung, Präsentation und Prüfung im Detail ab?

Saranda Nura-Terziu:

Am Donnerstag begann die Veranstaltung. Schon am ersten Tag sollten wir zum Thema Motivation, Gedächtnis und Lernen einen Vortrag halten. Hierbei hatten wir ca. 1 Stunde Zeit. Am Freitag hatten wir vormittags ebenfalls eine Präsentation zu den Themen klassische Konditionierung, operante Konditionierung und Modelllernen. Ab Mittag haben wir dann, per Zufall, die Gruppen ausgewählt und konnten somit starten. Das Oberthema war „Emotionen und Medien“, somit hat man sehr viel Spielraum, um sich mit der Thematik zu befassen. In der Gruppe wurden wir uns sehr schnell einig, dass wir Social Media und eine Emotion beobachten bzw. analysieren möchten; aus dem einfachen Grund, weil das Thema sehr präsent ist. Jedoch haben wir uns auf Instagram gestürzt, da dieses Medium relativ neu ist (Gründung 2010). Als Emotion haben wir die Traurigkeit gewählt. Nicht die Trauer bei einem Verlust und auch nicht Depression, welches die Endstufe nach der Traurigkeit ist. Zu Beginn haben wir grundlegende Infos zu Definitionen und Emotionen aufgelistet, danach die Studien, die wir gefunden hatten. Zum Schluss haben wir eine mögliche Lösung dargestellt, wie man die Traurigkeit am Beispiel Instagram messen könnte.

NEUNsight:

Sind Praxistage wie dieser an der SRH ein empfehlenswertes Lernformat und warum?

Saranda Nura-Terziu:

Die Praxistage sind Gold wert. Wir würden diese jederzeit wieder buchen, weil man viel mehr mitnehmen kann für die Zukunft, als wenn man nur aus den Büchern liest. Da wird leider sehr viel vergessen. Durch Präsentationen bzw. Ausarbeitungen bleibt einfach viel mehr im Gedächtnis. Deshalb ist diese Prüfungsform auch etwas Langfristiges. Außerdem lernt man die anderen Studierenden kennen und kann sich allgemein bezüglich des Studiums austauschen.

NEUNsight:

Ihre Präsentation beschrieb den Zusammenhang zwischen Social Media und Emotionen – was wurde wie untersucht?

Saranda Nura-Terziu:

Wir haben untersucht, was genau Instagram mit den Emotionen der Menschen macht. Und Traurigkeit ist eine Vorstufe der Depression bzw. kann zu Depressionen führen, weil man den Menschen ggf. neidisch gegenübersteht oder auch traurig ist, dass es den anderen gut geht, aber einem selbst nicht. Wir wollten dann im Rahmen einer Studie herausfinden, wie sich ein einwöchiger Entzug von Instagram auf den Menschen auswirkt.

NEUNsight:

Ein Schwerpunkt der untersuchten Emotionen war die Traurigkeit – zu welchen Ergebnissen sind Sie als Gruppe gekommen?

Saranda Nura-Terziu:

Fakt ist; Es gab relativ wenig dazu zu finden. In vielen Studien wird beschrieben, wie Social Media depressiv macht, aber nicht, wie traurig die Menschen sind, die sich die vielen Bilder etc. anschauen. Es ist erstaunlich gewesen, wie die sich emotionalen Reaktionen des einen Menschen durch das Ansehen von Glücksmomenten des anderen Menschen entwickeln können. Viele Menschen sind sich leider nicht bewusst, dass diese Momentaufnahmen keineswegs den Alltag repräsentieren und empfinden deshalb oft Traurigkeit, wenn sie sehen, wie vermeintlich gut es den anderen geht und wie vermeintlich schlecht es einem selbst geht (im Vergleich zu den anderen Menschen auf Instagram).

NEUNsight:

Welche Social Media Formate unterstützen beziehungsweise fördern Emotionen und welche sind diese?

Besarta Nura:

Die berühmtesten Social Media Formate sind Facebook, Instagram, LinkedIn und WhatsApp. Diese alle haben eines gemeinsam, und zwar die Selbstdarstellung gegenüber der ganzen Welt; also was man hat/besitzt, wo man gerade im Urlaub ist, etc. Neben der Traurigkeit gibt es aber auch Glücksgefühle, die eine Social Media Plattform bewirken kann. Dies kann auf unterschiedliche Art und Weise geschehen, wie z.B. durch das Ansehen von Comedy-Videos. Aber auch sogenannte Live-Videos, die man verfolgen und kommentieren kann, können das Glücksgefühl des Nutzers steigern. Dort kann man durch seinen Beitrag den anderen Nutzer vorschlagen.

NEUNsight:

Gibt es ein Ranking der Social Media Formate hinsichtlich der Emotionalität oder der Traurigkeit?

Besarta Nura:

Leider nein, daher wollten wir in unserer Gruppe diese Emotion herauskristallisieren. Dafür gibt es aber viele Studien in Bezug auf Depressionen durch Social Media. Die Traurigkeit wurde bisher noch nicht untersucht.

NEUNsight:

Erläutern Sie unseren Lesern Ihr derzeitiges Forschungsprojekt in diesem Bereich und stellen Ihre Hypothesen dazu kurz vor.

Saranda Nura-Terziu:

Aktuell haben wir kein Forschungsprojekt. Würden es aber sehr gerne im Hinblick auf unsere Masterthesis erforschen. Denn die zunehmende Digitalisierung wirkt sich im Hinblick auf Social Media wirklich sehr stark auf die Emotionen der Menschen aus und beeinflusst ihren psychischen bzw. geistigen Zustand immens. Außerdem liegt die Vermutung sehr nah, dass Betreiber von Social Media Plattformen ganz bewusst Details einbauen, um den Nutzer noch süchtiger zu machen, als es eigentlich schon der Fall ist (z.B. das endlose herunterwischen). So können Nutzerzahlen und Nutzungsdauer hochgehalten werden, was sich automatisch (und in der Regel positiv) auf die Wirtschaftlichkeit dieser Social Media Plattformen auswirkt. Die Funktionen „Like-Button“ und Co. lösen erstaunliche Reaktionen bei den Nutzern aus, die hinsichtlich der emotionalen Reaktion sehr interessant sind und es einen neugierigen Menschen geradezu zwingt, sich damit intensiv und in Form einer Masterthesis auseinanderzusetzen. Und wenn Menschen anhand von Abonnenten-Zahlen oder durch ein bestimmtes Auftreten über mögliche Freundschaften urteilen/entscheiden – frei nach dem Motto: „Die Person hat 1,2 Mio. Follower auf Instagram. Die muss bestimmt cool sein. Ich abonniere sie mal. Vielleicht werden wir ja (Online-)Freunde.“ – dann müssten soziale Kontakte (durch soziale Netzwerke) wohl neu überdacht werden.

Interview: Michael Storks

Bild: Pixabay (CCO)

Im Überblick

Saranda Nura-Terziu studiert zusammen mit ihrer Schwester, Besarta Nura, Wirtschaftspsychologie Leadership and Management an der SRH Fernhochschule und hat ihren Bachelor im Management im Gesundheitswesen absolviert. Ihre Schwester hat den Bachelor im BWL gemacht.