Kopflos in Krisen? In Zeiten der Pandemie durch Stimmungsmanagement zum Erfolg

p395289 NEUNsight Februar 2021

Wer in Krisenzeiten einen ruhigen Kopf behält, ist erfolgreich. Ein Aspekt spielt dabei eine ganz besondere Rolle.

Krisenzeiten verlangen uns sehr viel ab. Neben den finanziellen und zeitlichen Aspekten sind vor allem die psychologischen Herausforderungen einer Krise besonders belastend. Die aktuelle Corona-Pandemie macht das ganz deutlich. Die ständige Verlängerung des Lockdowns und die Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung der Pandemie zehren an unseren Nerven. Wir sind mal ungeduldig und aufgekratzt, mal ständig Müde oder schon depressiv. Alle diese Symptome sind Indizien für die extreme psychische Belastung, unter der wir derzeit permanent stehen. Unsere Resilienz ist damit enorm gefordert. Ein Weglaufen oder Verdrängen geht nicht. Die Krise dauert einfach zu lange und betrifft zu viele Bereiche unseres Lebens.

Die psychologische Forschung, insbesondere die Resilienz-Forschung, hat in jahrelangen Untersuchungen einige sehr interessante Aspekte bzgl. des psychologischen Umgangs mit Krisen erforscht. Ein besonders vielversprechender Aspekt dieser Forschung ist die Erkenntnis, dass wir unsere Resilienz und damit unsere Widerstandskraft gegenüber den Herausforderungen der Pandemie durch ein aktives Stimmungsmanagement selbst beeinflussen können. Stimmungsmanagement bedeutet nicht, immer gut gelaunt zu sein. Vielmehr geht es um die Fähigkeit, eigene und fremde Affekte gezielt zu regulieren. Affekte sind Gefühle, Emotionen, Eindrücke und Empfindungen, welche uns täglich begleiten. Dazu gehören sowohl negative Affekte, wie z.B. Existenzangst, Einsamkeit oder die Angst, nicht geliebt zu werden, als auch positive Affekte, wie Freude, Liebe, Spaß und Geborgenheit.

Alle diese Affekte steuern unsere Wahrnehmung und die Verarbeitung von Informationen. So sorgen negative Affekte wie Existenzangst, Versagensangst oder Homeoffice-Überdruss dafür, dass wir uns in einem Zustand höchster Anspannung befinden und unsere Umwelt und die dort entstehenden Informationen besonders fokussiert beurteilen. Und genau das machen wir gerade in der Corona-Krise. Wir lechzen nach Informationen und Neuigkeiten bzgl. der Pandemie und den damit verbunden Einschränkungen. Wir sehen immer nur das Negative und entwickeln einen Zustand des scheinbar kollektiven Versagens. Und genau hier greift ein professionelles Stimmungsmanagement ein. Denn die Regulation dieser negativen Affekte ist die Basis, um wieder klar denken zu können und vor allem, um Wege aus der Krise zu finden. Diese Selbstregulation basiert auf der Erkenntnis, dass wir von innen oder von außen kommende Affekte kognitiv beeinflussen können. Gerade bei negativen Affekten war dies für den Homo Sapiens schon immer wichtig. Denn nur wenn er aus groben Fehlern gelernt hat, konnte er als Spezies überleben. Wenn beispielsweise vor 40.000 Jahren ein Gruppenmitglied durch unvorsichtiges Verhalten zum Opfer wilder Tiere wurde und die Sippe das Geschehen beobachten musste, musste jede/r Überlebende daraus lernen. Und das bedurfte ein hohes Maß an Selbstberuhigung.

Die Selbstberuhigung ist eine zentrale Resilienz-Kategorie, die durch den bewussten Aufbau von Gelassenheit und Souveränität gestärkt werden kann. Wer gelassen und souverän ist, kann sich schnell mit großen Herausforderungen auseinandersetzen und vor allem auch schnell handeln. Im Fall der Pandemie kann die Fähigkeit zur Gelassenheit dadurch aufgebaut werden, in dem man die Pandemie aus einer neuen Perspektive betrachtet. Natürlich sind die aktuellen Einschränkungen für die Wirtschaft und jeden Einzelnen schrecklich, aber wenn man darin die Chance erkennen kann, neue Wege z.B. für das eigene Unternehmen zu entwickeln – auch weil uns diese Pandemie dazu zwingt – und diese Wege erfolgreich realisiert, wird die Souveränität und Gelassenheit gegenüber allen plötzlich auftretenden Problemstellungen gestärkt. Im Gehirn verfestigt sich damit die Überzeugung, den eigenen Fähigkeiten als Unternehmer:in, Führungskraft oder Mitarbeiter:in dahingehend vertrauen zu können, dass immer eine Lösung für knifflige Herausforderungen gefunden werden wird.

Dies gilt auch für den Privatbereich. Wenn die Eltern durch die Pandemie zum Homeoffice und/oder Home-Schooling  gezwungen werden, so eröffnet dies dahingehend eine neue Perspektive, dass die Selbstorganisation und der Umgang mit Stimmungen in der Familie jederzeit erlernbar sind. Damit lernt unser Gehirn auch, lieb gewonnene Routinen abzulegen, um Raum für neue Aspekte zu schaffen – wir werden beweglicher und geschmeidiger. In diesen Zeiten ist das eine nicht zu unterschätzende Stärke. Gerade diesen Umgang mit Unwägbarkeiten und besonderen Herausforderungen kann unser Gehirn bei richtigem Stimmungsmanagement sehr schnell erlernen. Somit ist man nicht kopflos, sondern genau das Gegenteil: Man gibt dem Kopf den Raum zur Steuerung und Führung des Dasein, der ihm zusteht.

Sorgen Sie also für eine kontinuierliche Affektregulation durch den Aufbau von Gelassenheit und Souveränität. Dann werden Sie die Pandemie erfolgreich überstehen. Viel Spaß dabei!

Autor: Winfried Neun

Bild: Pixabay (CCO)