Ökosoziale Marktwirtschaft – Träumerei oder Zukunftsmodell?

p395289 NEUNsight März 2020

Der Ruf nach einer neuen Weltwirtschaftsordnung wird angesichts globaler Krisen immer lauter. Kann eine ökosozial ausgerichtete Marktwirtschaft den bisher unüberbrückbaren Unterschied zwischen Umweltschutz und Profitstreben überwinden?

Der Ansatz der ökosozialen Marktwirtschaft wurde erstmals in den 1970er und 1980er Jahren formuliert. Daher handelt es sich um ein eher junges Wirtschaftssystem. Der Begriff ökosozial setzt sich aus ökologisch und sozial zusammen. Es handelt sich somit um eine Marktwirtschaft, in der Ökologie und soziale Gerechtigkeit einen hohen Stellenwert einnehmen.

Umwelt und Wirtschaft – kein Widerspruch?

Der ökologische Aspekt bezieht die Umwelt in die Wirtschaft mit ein. Es wird angestrebt, einen Ausgleich zwischen Ökonomie und Ökologie zu schaffen. Die Umwelt ist ein öffentliches Gut, das es zu schützen und zu bewahren gilt. Die Menschheit ist auf ihre Umwelt angewiesen und sollte sie nicht unwiderruflich zerstören. Auch im Hinblick auf künftige Generationen muss ein Wirtschaftssystem nachhaltig mit der Umwelt und deren Ressourcen umgehen, sonst kann unser aktuelles Gesellschaftssystem nicht aufrechterhalten werden. Der Umweltschutz soll dabei vor allem durch die Dynamik des Marktes gefördert werden, insbesondere durch die ökologische Kostenwahrheit für Wirtschaftsgüter. Durch den Gebrauch marktwirtschaftlicher Mittel sollen Verbote und Gebote vermieden werden, was sich positiv auf die Akzeptanz auswirkt.

Der Mensch im Mittelpunkt

Der soziale Aspekt bedeutet vor allem, dass die Wirtschaft da ist, um allen Menschen zu dienen und ihnen ein Auskommen zu bieten. Dabei soll keiner ausgebeutet werden und soziale Gerechtigkeit erreicht werden. Der Mensch steht im Mittelpunkt, als eigenverantwortliches und gestaltendes Individuum, welches auch Verantwortung für andere und sein Umfeld übernimmt. Dabei weiß er um die Konsequenzen seines Handelns im geographischen und zeitlichen Kontext. Lokal handeln und global denken, heißt hier die Devise.

Träumerei oder Zukunftsmodell?

Von vielen wird die ökosoziale Marktwirtschaft als Träumerei gesehen, da sie wegen ihrer Ziele ein Marktversagen oder eine Marktineffizienz zur Folge hat. In einem freiheitlichen Wirtschaftssystem werden ökosoziale Ziele nur durch den Eingriff Dritter, meist Staaten, erreicht werden können. Somit wird sie niemals effizient sein. Angesichts der sich zuspitzenden Klimakrise werden ökosoziale Wirtschaftssysteme jedoch immer mehr an Bedeutung gewinnen. Es ist notwendig, ein System zu entwickeln, welches Wirtschaft, Soziales und Umwelt gleichermaßen fördert.

Politik ist gefordert

Die Balance zwischen diesen drei Bereichen zu finden, ist die schwierige Aufgabe. Daher bedarf es einer starken, entscheidungsfreudigen und durchsetzungsstarken Politik. Die ökosoziale Entwicklung wird unser jetziges Wirtschaftssystem weiterentwickeln und eines Tages vielleicht gänzlich ersetzen. Aufgrund der großen globalen Umweltprobleme, denen die Menschheit zurzeit ins Auge blickt, scheint ein nachhaltiges Wirtschaftssystem der beste Lösungsansatz zu sein.

Autoren: Hannelore Brecht / Michael Storks

Bild: Pixabay (CCO)